Transport Logistic: Neue Technologien ersetzen den Lkw-Fahrer (noch) nicht

Die Zeitung Transport veranstaltete auf der Transport Logistic 2015 in München das Fachforum „Der technologische Fortschritt im Fahrerhaus – Systeme zur Steigerung von Effizienz und Sicherheit zwischen Wunsch und Wirklichkeit“.
Torsten Buchholz

Vollautomatisierte Getriebe, Fahrerassistenzsysteme, Abstandhalter, Spurhalte- und Einschlafwarner, Kamerasysteme, Tools zur Analyse des Fahrverhaltens und neuerdings GPS-gestützte, vorausschauende Tempomaten zeigen, dass die Zukunft im Fahrerhaus begonnen hat und teilweise sogar schon längst zur Alltäglichkeit geworden ist.

Jürgen Bernhardt, Produktmanager bei der Volvo Group Trucks Central Europe, referierte in seinem einführenden Vortrag über die vielfältigen Lösungen von Sicherheits- und Fahrerassistenzsystemen bei Volvo Trucks. Es war eine Bestandsaufnahme dessen, was in und um das Fahrerhaus eines modernen Lastkraftwagens heute alles möglich ist.Die Bandbreite reicht von vergleichsweise eher einfachen Dingen, wie etwa einem Fahrernotausstieg im Panoramafenster des Fahrerhausdaches oder die Verbesserung der Rundumsicht für den Fahrer durch kleinere bauliche Veränderungen. Während es sich hierbei um Systeme für die passive Sicherheit handelt, sind die Lösungen für die aktive Sicherheit deutlich komplexer. Bernhardt stellte in diesem Bereich unter anderem Kollisionswarnsysteme, Überwachungssysteme für das Fahrverhalten und Stabilisierungssysteme vor. Der „ACC“-Abstandsregeltempomat hält beispielsweise den gleichbleibenden Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug. Die Ansprechreichweite beträgt dabei bis zu 180 Metern. Es erfolgt eine optische und akustische Kollisionswarnung, wenn die Kraft des gesamten Bremssystems nicht ausreicht. Die Vorteile dieser Lösung sieht Bernhardt in einer Erhöhung des Fahrkomforts durch gleichmäßigere Fahrweise und besseren Verkehrsfluss. Der Fahrer ermüde langsamer. Signifikant sei dabei die Erhöhung der Sicherheit durch Vermeidung von Auffahrunfällen, so Bernhardt.

Einen etwas anderen Blick auf den technologischen Fortschritt im Fahrerhaus nahm der Transport-Profitester Robert Domina in seinem Vortrag ein, in dem er die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen an den Lkw-Fahrer in den Mittelpunkt rückte. Er unterschied dabei drei Arten von Assistenzsystemen. So gibt es Assistenten, die den Fahrer in Sachen Komfort, Sicherheit und wirtschaftliches Fahren unterstützen sollen. Für den Bereich Komfort sind beispielsweise Tempomat, Abstandsregler, automatisiertes Schaltgetriebe, Hill Holder oder eine elektrisch unterstützte Servolenkung zuständig. Beispiele für Sicherheitstools sind Spurhalteassistent, ESP, Toter-Winkel-Assistent, Notbremsassistent, Reifendrucküberwachung und Achslastanzeige oder Verriegelungssensor an der Sattelkupplung. Für mehr Wirtschaftlichkeit und bessere Performance sollen Tempomat, Eco-Roll, GPS-Tempomat, virtueller Ausbilder oder Rangierassistenten sorgen. Im Prinzip haben die meisten der von Domina genannten und auch in der Praxis von ihm getesteten Systeme durchaus Vorteile. Allerdings muss man auch wissen, wie diese richtig einzusetzen sind. Da bestehe bei vielen Fahrern noch deutlicher Nachholbedarf. Allerdings behindern manche technologischen Errungenschaften manchmal auch eher als zu helfen. Domina machte das am Beispiel des GPS-Tempomaten deutlich. So würden langsame Kuppengeschwindigkeiten die Gefahr von Elefantenrennen bergen. Wenig zielführend sei es auch, wenn der Hintermann nicht ahnen kann, dass der vor ihm fahrende Lkw mit GPS-Tempomat und deshalb mit stark schwankenden Geschwindigkeiten unterwegs ist.

Einen Einblick in die Welt der Telematik gewährte Didier Nulens, Global Sales, Marketing & Operations Leader bei dem Telematikanbieter Transics International aus Ypern/Belgien. Ob mobil oder fest installiert, sollten die telematischen Lösungen immer das Ziel haben, Fahrzeug und Büro zu verbinden. Dabei gelte es, die Daten von Lkw, Fahrer, Auflieger und anderen am Transportprozess beteiligten Komponenten möglichst effektiv zusammenzubringen. Die Reduzierung von Kosten, mehr Sicherheit für Fahrer, Transportgut und andere Verkehrsteilnehmer oder die Zufriedenheit des Transportkunden seien wichtige Beweggründe, Telematik einzusetzen, so Nulens. Ganz wichtig bei der Entscheidung und Einführung sei dabei, dass solche Projekte von Anfang an fachmännisch begleitet werden. Denn der Anwender muss beispielsweise die Investitionskosten und den Return on Investment oder die Frage der geeigneten Hard- und Software genau einschätzen können. Von den Anwendern gefordert werden laut Nulens heutzutage zunehmend Lösungen aus einem Guss. Statt Einzelsystemen werde eine Komplettlösung für Lkw, Auflieger, Fahrer und Ladung gesucht. Nulens sieht die Zukunft in einer Transportwelt, in der Telematik zum Standard wird. Intelligente Fahrzeuge kommunizieren miteinander und mit der Infrastruktur, erkennen die geplanten Strecken und werden Lenkzeiten und Maut zunehmend automatisch berechnen. „Intelligente Fahrzeuge retten Leben und sparen Kosten“, ist sich Nulens sicher.

Dass Telematik-, Sicherheits- und Assistenzsysteme den Fahrer schon bald ersetzen werden, daran glauben alle drei Referenten nicht. Es geht vielmehr darum, die Arbeit des Fahrers zu erleichtern sowie effektiver, sicherer und effizienter zu machen. Das bestätigten in der Podiumsdiskussion auch Matthias Schork, geschäftsführender Gesellschafter der Spedition Wüst aus Weißenburg, sowie Michael Mönch, Fuhrparkleiter bei der Spedition Wüst. Dabei sei es auch sehr wichtig, die Fahrer bei der Einführung neuer Systeme aktiv einzubeziehen und diese von den Vorzügen zu überzeugen. Das Transportunternehmen aus Mittelfranken ist mit einem reinen Mercedes-Benz-Fuhrpark unterwegs und setzt die Daimler-Lösung „Fleetboard“ ein. Firmenchef Schork lobte die vielen Daten, die das System zur Verfügung stellt, weist aller-dings darauf hin, dass man natürlich auch jemanden im Betrieb haben muss, der diese Informationen sinnvoll auswerten kann. Fuhrparkleiter Mönch berichtete von Erfahrungen mit GPS-gestützten Tempomaten. Wie Domina sieht er dabei eher Nach- als Vorteile.

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