OLG Karlsruhe: Leicht verkäufliches Ladungsgut erhöht Diebstahlrisiko - Auftraggeber müssen informieren: Haftungsfragen bei Ladungsdiebstahl

Über das Wochenende sollten beladene Lkw nur auf bewachten Parkplätzen abgestellt werden. (Foto: Bosch)
Über das Wochenende sollten beladene Lkw nur auf bewachten Parkplätzen abgestellt werden. (Foto: Bosch)
Redaktion (allg.)

Mit leicht verkäuflichem Ladungsgut sollten Transportunternehmer besonders umsichtig umgehen, weil es für Diebe interessanter ist als schwer verkäufliche Ware. Grundsätzlich muss aber auch der Auftraggeber über besondere Gefahren informieren.
Laut einem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe spielt bei der Haftungsfrage nach einem Ladungsdiebstahl auch eine Rolle, wie leicht die Täter das Diebesgut im Nachhinein auf dem Markt verwerten können. Schließlich sei der Diebstahl von schwer verkäuflichen Gütern weniger wahrscheinlich als der von leicht Absetzbarem. Ein Transportversicherer hatte ein Transportunternehmen auf vollen Schadensersatz verklagt, weil in Gewahrsam des Lkw-Fahrers befindliche elektronische Bauteile gestohlen wurden. Unstreitig war dabei gewesen, dass sich der Ladungsdiebstahl im Nürnberger Gewerbegebiet ereignet hatte.
Der Transportunternehmer hatte den Transportauftrag eines langjährigen Kunden an einen Unterfrachtführer vergeben. Der Fahrer dieses Transportunternehmens stellte die beladene Wechselbrücke um 6:00 Uhr früh gegenüber dem Umschlagdepot des Transportunternehmers ab. Die Weiterfahrt nach Tschechien war für einige Tage später vorgesehen. Für Diebe Zeit genug, sich der Ladung zu bemächtigen.
Die klagende Versicherung vertrat die Auffassung, dass sich der Fahrer des Unterfrachtführers bei der Durchführung des Transports grob fahrlässig verhalten habe. Somit hafte er unbegrenzt für den entstandenen Warenschaden in Höhe von mehr als 25.000 Euro. Die Verantwortlichen könnten sich nicht darauf berufen, dass Haftung laut Artikel 17 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 23 Absatz 3 Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) begrenzt sei. Schließlich hätten die Diebe insgesamt 171 Pakete von mehreren Geschädigten im Wert von rund 90.000 Euro gestohlen.
Im Prozess hielt der Unterfrachtführer, der die Streitverkündung des Transportunternehmers angenommen hatte, dem entgegen: Mit den gestohlenen GSM-Modulen könne der Verbraucher nichts anfangen, denn um sie nutzen zu können, benötige man Spezialsoftware. Außerdem sei der Abstellplatz beleuchtet und im Bereich einer Videoüberwachungsanlage gewesen. Der Unterfrachtführer argumentierte weiter, dass es bisher im Nürnberger Gewerbegebiet zu keinem Ladungsdiebstahl an einem Lkw gekommen sei. Darüber hinaus sei die Wechselbrücke mit einer „Hochsicherheitsplombe“ verschlossen gewesen.
Begrenzte Haftung
Das Landgericht sowie das Oberlandesgericht (OLG) in Karlsruhe waren sich darüber einig gewesen, dass der Transportunternehmer beziehungsweise sein Unterfrachtführer für den Schadensfall hafte, allerdings nur begrenzt in Höhe von rund 1.340 Euro, so das Urteil des OLG (Az. 15 U 73/15). Es komme dem OLG zufolge darauf an, ob die getroffenen Maßnahmen ausreichend gewesen seien, um im Schadensfall eine unbegrenzte Haftung zu verneinen. Zum einen, weil die Gefahr, dass elektronische Teile gestohlen werden, geringer einzustufen sei als der Diebstahl von Konsumgüterprodukten, die leicht absetzbar seien.
In jedem Fall habe der Transportunternehmer nicht von einer besonderen „Gefahrenlage“ ausgehen müssen. Außerdem habe der Kunde dem Transporteur keine Sicherheitsvorgaben erteilt und die Ladung zum Wochenendbeginn übergeben. Daher lag es nahe, dass der Transport wegen dem Sonntagsfahrverbot vom Fahrer unterbrochen werde. Außerdem sei für den Fahrer nicht erkennbar gewesen, dass es sich um wertvolle Ladung handelte, denn die Wechselbrücke habe er bereits beladen und verschlossen übernommen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Unterfrachtführer den Abstellort des Lkw sorgfältig ausgesucht und wegen seiner Berufserfahrung als sicheren Ort gesehen habe. Schließlich dürfe nicht vergessen werden, so das OLG weiter in seiner Begründung, dass der Abstellort des Lkw nicht im Dunkeln gelegen habe, weitere Lkw dort parkten und der gegenüberliegende Umschlagplatz des Transportunternehmers im Bereich der Pforte 24 Stunden täglich besetzt gewesen sei.
Experten-Tipp

Transportsicherheit

• Zwar haftet der Unterfrachtführer nur begrenzt, er erleidet aber dennoch einen hohen Schaden. Unterm Strich erwirtschaftete er mit dem Transportauftrag einen vermeidbaren Verlust. Denn beladene Fahrzeuge sollten niemals übers Wochenende auf unbewachten Plätzen abgestellt werden.
• Jede Verkehrshaftungsversicherungspolice schließt bestimmte Waren von der Deckung aus. Welche, muss der Disponent wissen, damit er auf dem Spotmarkt keinen Transportauftrag annimmt, der gegebenenfalls von der Deckung ausgeschlossen ist. Zwischen dem Einkäufer von Versicherungen und der Lkw-Dispositionsabteilung muss daher immer gut kommuniziert werden, welche Ladungen von der Versicherung gedeckt sind und welche nicht.(boe)

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