Interview mit Dr. Daniel Dietzfelbinger, Berater beim Institut persönlichkeit+ethik

„Gerade in der Transportbranche wird es vor dem Hintergrund des akuten Fachkräftemangels immer wichtiger, einen Lkw-Fahrer längerfristig an den Betrieb zu binden“, so Dr. Daniel Dietzfelbinger, Berater beim Institut persönlichkeit+ethik
„Gerade in der Transportbranche wird es vor dem Hintergrund des akuten Fachkräftemangels immer wichtiger, einen Lkw-Fahrer längerfristig an den Betrieb zu binden“, so Dr. Daniel Dietzfelbinger, Berater beim Institut persönlichkeit+ethik
Torsten Buchholz

Für den Unternehmensberater und studierten Theologen Dr. Daniel Dietzfelbinger ist Kultur kein Luxusthema, sondern Basis für das Funktionieren und die Weiterentwicklung eines Betriebes. Auch kleinere Unternehmen der Transport- und Logistikbranche können von diesem Ansatz profitieren.

Herr Dr. Dietzfelbinger, im Institut persönlichkeit+ethik beschäftigen Sie sich als Berater unter anderem mit Leitbildprozessen, Fragen der Unternehmenskultur und werteorientierter Unternehmensentwicklung. Finden Sie bei den vornehmlich kleinen und mittelständischen Unternehmen der Transport- und Logistikbranche mit solchen Themen überhaupt Gehör?
Dr. Daniel Dietzfelbinger: Die Angebote unseres Instituts richten sich auch an mittelständische Unternehmen. So beraten wir beispielsweise beim Generationswechsel in der Geschäftsführung von Familienunternehmen, was ja typischerweise gerade im Mittelstand immer wieder vorkommt. Gerade die Transportlogistikbranche ist zudem von enormer Konkurrenz, rasanten Entwicklungen und damit ständigen Veränderungen in den einzelnen Betrieben geprägt. Die Frage ist: Wie können die Menschen eigentlich mit ihrer Unternehmensorganisation mit diesem rasanten Tempo mitkommen, unabhängig davon, wie groß das Unternehmen ist?
Entscheidend ist nicht die Größe der Organisation, sondern es geht um Fragen von Einstellung und Haltung der Mitarbeitenden – oder wie wir es nennen – um den Charakter einer Organisation. Dort setzen wir an, um Wege zu finden, dass die Menschen neue strategische Ziele wirklich mittragen. Es geht nicht darum, Unternehmenskultur um der Kultur willen zu fördern, sondern um die Frage, welches Miteinander, welche Haltungen und welche Kultur es braucht, um eine von der Geschäftsführung vorgeschlagene Strategie im alltäglichen Geschäftsalltag zu leben. Eine solche Kultur schafft den Erfolg für das Unternehmen.
Haben die Unternehmen, die auf Sie zukommen, ein ganz konkretes Problem?
Unternehmen, die auf uns zukommen, wollen in der Regel etwas verändern und sich weiterentwickeln. Da hat zum Beispiel die Unternehmensleitung der Firma XYZ eine neue Strategie entwickelt, die nun bei und mit den Mitarbeitern umgesetzt werden soll.
Diesen Prozess unterstützen wir mit unserer strategieorientieren Kulturentwicklung. Es geht dabei um die Entwicklung einer Kommunikationskultur und eines gemeinsamen Verständnisses, das dafür sorgt, dass die neue Strategie von den Mitarbeitern verstanden und gelebt wird.
Gerade wenn ein Unternehmen sich neu aufstellt, schrecken Mitarbeiter vor den Veränderungen erst einmal zurück – emotional wie rational. Diese Haltung, an dem Alten und Bewährten festhalten zu wollen, ist ganz normal. Deshalb müssen die Veränderungsprozesse klug gestaltet werden, um auch die Skeptiker zu überzeugen und mitzuziehen. Dabei unterstützen wir die Unternehmen. Das ist allerdings ein längerfristiger Prozess. Ganz wichtig dabei: Die Geschäftsführung muss davon überzeugt sein, dass eine gemeinsame Kultur der richtige Weg ist, um eine Strategie wirklich in der Organisation zu verankern. Dazu muss die Unternehmensleitung die nötige Geduld aufzubringen.
Welche Vorteile können sich für ein klassisches Transportunternehmen mit eigenem Fuhrpark und angestellten Fahrern durch die Schaffung und Förderung einer eigenen Unternehmenskultur ergeben?
Gerade in der Transportbranche wird es vor dem Hintergrund des akuten Fachkräftemangels immer wichtiger, einen Lkw-Fahrer längerfristig an den Betrieb zu binden. Das lässt sich durch die Bildung gemeinsamer Werte und eine von allen getragene Unternehmenskultur schaffen. Kultur ist kein Luxusthema, sondern die Basis für das Funktionieren und die Weiterentwicklung eines Unternehmens. Es geht dabei unter anderem um die Schaffung eines guten Betriebsklimas oder um die Herausbildung von Leistungen des Betriebes zu einer Marke.
Letztendlich ist entscheidend, dass Mitarbeiter verstehen, was die Strategie für das eigene Arbeiten bedeutet, was der einzelne Mitarbeiter dazu beitragen kann. Es geht um Sinnkommunikation: Wenn der Mitarbeiter versteht, was er zur Umsetzung der Strategie, der neuen Geschäftsaufstellung an seiner Position, ob Fahrer, Bürokraft oder Lagerarbeiter, beitragen kann, dann bleibt er dort auch und ist bereit, auch etwaige Veränderungen mitzutragen, bestenfalls sogar mitzugestalten.
Gerade bei größeren Betrieben erhöht sich für Bewerber die Attraktivität des Arbeitgebers, wenn er dort eine gelebte und positive Unternehmenskultur vorfindet. Vor dem Hintergrund des zunehmenden Nachwuchsmangels schafft das einem Unternehmen im Wettbewerb mit anderen Vorteile.
Wie gehen Sie konkret bei dem, was Sie strategieorientierte Unternehmenskulturentwicklung nennen, vor?
Zuerst einmal machen wir eine Art von „Feldbegehung“ und schauen uns den Charakter des Unternehmens an. Dazu nutzen wir Gespräche mit Mitarbeitern auf allen Ebenen. Man sollte schon mindestens ein, zwei Tage aufwenden, um ansatzweise erkennen zu können, wie ein Betrieb tickt. Bei der strategieorientierten Kulturentwicklung wird danach eine Bestandsaufnahme dessen gemacht, was an Kultur im Unternehmen bereits vorhanden ist und auf welche Ressourcen wir im Weiteren bauen können.
Meist sind ja schon gute Ansätze vorhanden, auf denen wir aufbauen können. In der nächsten Phase sollten, und zwar idealerweise gemeinsam mit den Mitarbeitern und der Geschäftsführung, die Ziele für die Unternehmenskultur entwickelt und in Form von Leitbildern festgelegt werden.
Danach geht es darum, wie diese Ziele im Alltag des einzelnen Mitarbeiters konkret umgesetzt werden können. Soll beispielsweise mehr Kundenorientierung erreicht werden, muss man genau analysieren, was Kundenorientierung etwa für den Empfangsmitarbeiter, den Abteilungsleiter oder den Lageristen bedeutet. Es ist uns wichtig, dass wir die jeweiligen Besonderheiten der Unternehmensorganisation und der einzelnen Funktionen im Betrieb genau berücksichtigen, um maßgeschneiderte, individuelle Lösungen zu finden. Schließlich erfolgt dann in mehreren Schritten die eigentliche Umsetzungsphase.
Woran kann man erkennen, ob die Umsetzung der Maßnahmen auch erfolgreich ist?
Die Veränderungen in der Unternehmenskultur geschehen nicht von heute auf morgen. Je nach Größe des Unternehmens lassen sich die positiven Effekte nach vielleicht erst zwei Jahren erkennen. Den Erfolg kann man nicht direkt an bestimmten Kennzahlen messen, aber es gibt eine ganze Reihe von sekundären Kennzeichen.
Dazu zählen die Verbesserung der Jobbewerberzahlen, die Reduzierung der Krankzeiten und der Mitarbeiterfluktuation sowie die Steigerung des Außenimages, die sich beispielsweise in der Berichterstattung über das Unternehmen in den Medien zeigt.
Vor allem aber zeigt es sich daran, ob sich die Strategie der Unternehmensleitung langfristig im Unternehmen verankert. Spürbar wird das an der Haltung der Mitarbeitenden, am Commitment und der Einstellung zur Organisation: Da wird der Erfolg spürbar.

Das Interview führte Transport-Chefredakteur Torsten Buchholz

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