Dekra-Arbeitsmarktreport 2016: Unternehmen suchen Fahrer für Regional- und Fernverkehr

Die Anforderungen in der Branche verändern sich: Fahrer müssen immer häufiger Zusatzservices übernehmen, wie hier beim Zwei-Mann- Handling von DHL. (Foto: Deutsche Post DHL)
Die Anforderungen in der Branche verändern sich: Fahrer müssen immer häufiger Zusatzservices übernehmen, wie hier beim Zwei-Mann- Handling von DHL. (Foto: Deutsche Post DHL)
Christine Harttmann

In Deutschland suchen Unternehmen verstärkt Fahrer für den Regionalverkehr und den nationalen Fernverkehr. Internationale Touren werden zunehmend outgesourct. Die Arbeitszeiten sind wieder familienfreundlicher.
Laut dem Dekra-Arbeitsmarktreport 2016 suchen Unternehmen derzeit vor allem Fahrer für den regionalen Verteilerverkehr. Das bedeutet viel Kundenkontakt und teils andere Qualifikationen wie nur die eines Fahrers. Die Analyse zeigt: Im Vorteil sind verlässliche und teamfähige Bewerber mit Erfahrung im Nahverkehr. Der klassische Fernfahrer hingegen kommt in den Stellenmärkten seltener vor als in früheren Jahren.
Vorwiegend im Regionalverkehr
Für ihren Report analysierte die Dekra 350 Stellenangebote für Berufskraftfahrer darauf, welche Aufgaben sie übernehmen sollen und welche Fertigkeiten und Kompetenzen die Arbeitgeber von den Bewerbern erwarten. Dabei zeigte sich, dass Fahrer für den Regionalverkehr mit 59,1 Prozent an der Spitze liegen. Nicht ganz jeder fünfte Kandidat soll Touren im nationalen Fernverkehr übernehmen. Der internationale Fernverkehr spielt nur noch eine untergeordnete Rolle. 2009 deckten Stellenangebote mit regionalem Fokus noch 41,4 Prozent ab.
Die Dekra führt die Entwicklung auf Verschiedenes zurück. So steigt das Güteraufkommen im Nahverkehr. Der Fahrermangel und die veränderten Ansprüche an die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fallen ebenfalls ins Gewicht. Logistikunternehmen setzen deshalb inländische Fahrer bevorzugt im Lokalverkehr ein, internationale Touren vergeben sie oft an ihre internationalen Standorte oder an Subunternehmen aus Ländern, in denen kein Fahrermangel herrscht.
Die Stichprobe beinhaltete dreimal so viele Nennungen von Fachkenntnissen und Erfahrungen als die Untersuchung von vor drei Jahren. Was die berufspraktische Qualifikation angeht, ist Ladungssicherung das wichtigste Anliegen. In den untersuchten Stellenangeboten fragen Recruiter außerdem doppelt so oft nach Erfahrung im Auslieferverkehr als noch vor drei Jahren. Idealerweise verstehen Fahrer die logistischen Prozesse in Lagern und handeln entsprechend, wenn sie Waren anliefern oder abholen.
Ausbildung muss sein
Die duale Ausbildung zum Berufskraftfahrer und die beschleunigte Grundqualifikation tauchen erstmals in nennenswertem Umfang in den Stellenanzeigen auf. Bei der Stellensuche ist darüber hinaus die sogenannte ADR-Bescheinigung (21,4 Prozent), also die Berechtigung, Gefahrgut zu transportieren, und der Nachweis des Gabelstaplerscheins (9,7 Prozent) hilfreich. Nur jedes vierte Anforderungsprofil geht auf Sprachkenntnisse als Voraussetzung ein: Arbeitgeber legen vor allem Wert darauf, dass Bewerber ein gutes Deutsch sprechen. Berufserfahrung wird bei nicht ganz zwei Dritteln der angebotenen Stellen vorausgesetzt.
In gut zwei von drei Offerten machen die Recruiter Angaben zu den persönlichen Eigenschaften, die der Fahrer für seinen zukünftigen Job mitbringen muss. Die Unternehmen suchen Mitarbeiter, auf die sie sich voll und ganz verlassen können, denn Auftraggeber erwarten, dass ihre Güter pünktlich und unversehrt an ihrem Bestimmungsort eintreffen. Darüber hinaus sollen die Fahrer kooperativ in Teams arbeiten, egal ob es sich um die Kollegen in der Disposition handelt oder die Mitarbeiter des Kunden.
Was abnimmt, sind die physischen Belastungen im Fahrerberuf. Technische Hilfsmittel ersetzen immer häufiger die Muskelkraft der Fahrer. Dafür steigen die Anforderungen an die psychische Konstitution. Hier macht sich unter anderem der hohe Zeitdruck in der Logistik bemerkbar. Nicht ganz jedes zehnte Job-Angebot enthält deshalb den Hinweis, dass zukünftige Fahrer stressresistent sein sollten.

Familienfreundliche Arbeitszeiten
Soweit die Dekra in den von ihr analysierten Stellenanzeigen Angaben gefunden hat, beziehen sich diese vor allem auf Fahrzeiten tagsüber oder wochentags (13,1 Prozent beziehungsweise 12,9 Prozent). Wochentouren finden in der diesjährigen Untersuchung gerade noch eine Erwähnung. Dekra-Experten führen diese Entwicklung auf den Fahrermangel zurück. Der habe dazu geführt, dass der Beruf familienfreundlicher geworden ist, was die Touren und Arbeitszeiten anbelangt. Auch beim Thema Gehalt und Zusatzleistungen scheint sich etwas bewegt zu haben: Jeden fünften Bewerber erwartet eine „leistungsorientierte Bezahlung“ – eine Formulierung, die für diese Berufsgruppe vor drei Jahren noch kaum existierte. Interessant sind auch die Leistungen, die Arbeitgeber über das Gehalt hinaus bieten: Urlaubs- und Weihnachtsgeld finden sich ganz oben auf der Liste (15,7 Prozent beziehungsweise 14,9 Prozent). Diese und weitere Extras fanden sich in keiner der zurückliegenden Analysen.
Kampf gegen Mangel
„Der Nachwuchsmangel bei Fahrern bleibt eine der großen Herausforderungen der Branche“, erklärt Dr. Peter Littig, Bildungspolitischer Berater der Geschäftsführung bei der Dekra Akademie. „Monetäre Anreize und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen allein werden diesen nicht beheben können. Zusätzlich müssen beispielsweise Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es auch kleineren Unternehmen vereinfachen, Berufskraftfahrer auszubilden oder zu qualifizieren.“ Im Erhebungszeitraum vom 22. Februar bis 6. März wertete die Dekra Stellenanzeigen in elf deutschen Tageszeitungen, zwei Online- Jobbörsen und einem sozialen Netzwerk aus.

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