Aktuelles Urteil: Kein Bußgeld beim Fahren ohne Schuhe, für Lkw-Fahrer aber u. U. andere Rechtslage

Darf man ohne Schuhe Lkw fahren? Das Oberlandesgericht Celle hat zwar in einem Urteil entschieden, dass ein Bußgeldbescheid wegen Fahrens ohne Schuhe nicht rechtmäßig ist. Allerdings gilt für Berufskraftfahrer die Unfallverhütungsvorschrift der Berufsgenossenschaften, die ausdrücklich festes Schuhwerk für Lkw-Fahrer vorschreibt, so dass ein solcher Verstoß bei Berufskraftfahrern auch geahndet werden kann und auch bereits wurde. (Update 2023/24)

Wer barfuß Lkw fährt, steht unter Umständen bald nackt da. | Symbolbild: Jeremy Bishop (unsplash.com)
Wer barfuß Lkw fährt, steht unter Umständen bald nackt da. | Symbolbild: Jeremy Bishop (unsplash.com)
Redaktion (allg.)

In Deutschland ist es laut Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht verboten, barfuß ein Kfz zu führen und demnach wird man dafür im Normalfall auch nicht bestraft. Aber was gilt bei einem Unfall bzw. gilt das auch für Lkw-Fahrer?

Selbst bei Privatpersonen kann jedoch bei Unfällen (oder Anwendung § 209 SGB VII, d.h. Verstoß gegen Bußgeldvorschriften) Barfußfahrern unter Umständen durchaus aufgrund des fehlenden Schuhwerks (sofern dieser Umstand dabei eine nachweisbare Rolle spielte) eine (Teil-)Schuld zugeschrieben werden. Es ist daher ratsam, auch als Privatperson, bspw. beim Führen eines Pkw, immer festes Schuhwerk zu tragen. Bspw. klärte die Deutsche Anwaltshotline Arag bereits 2013 darüber auf, dass bei einem Unfall, der auf das Schuhwerk zurückzuführen ist, gemäß einem Urteil des OLG Bamberg (Az. 2 Ss OWI 577/06) nicht nur eine Strafe wegen der Verletzung der Sorgfaltspflicht droht, sondern der Unfallverursacher bekommt auch Probleme mit der Versicherung.

Ob Lkw-Fahrer ohne Schuhe bzw. barfuß fahren können (oder allgemein Berufskraftfahrer) darüber gibt es im Netz verschiedene Ansichten, obwohl letztlich doch eine klare Aussage getroffen werden kann.

Urteil des Oberlandesgerichts Celle von 2007

In einem Urteil des Oberlandesgerichts Celle (Quelle 1 und 2) ging es um einen Lkw-Fahrer, gegen den ein Bußgeld verhängt wurde, aufgrund des Tragens von Sandalen.  

Das Oberlandesgericht entschied aber, dass das Fahren dieses Lkw-Fahrers ohne festes Schuhwerk nicht explizit durch das Straßenverkehrsrecht sanktioniert werden kann, solange zumindest, wie aufgrund dessen kein Unfall oder eine Gefährdung herbeigeführt wird.

Das Amtsgericht L. (welches das Bußgeld durchsetzen wollte) hat -- unter Hinweis auf die Unfallverhütungsvorschrift Fahrzeuge BGVD 29, dort § 44 Abs. 2, in der vorgeschrieben wird, dass beim Führen eines Lkws Schuhwerk getragen werden muss, das den Fuß umschließt -- ausgeführt, dass die Besetzung des Fahrzeuges (Fahrer) i. S. von § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO nicht vorschriftsmäßig gewesen sei. (Quelle)

Das Gericht stellte jedoch klar, dass der Begriff "Besetzung" sich nicht auf den Fahrer bezieht, sondern nur auf die weiteren Insassen des Fahrzeugs. Darüber hinaus wurde argumentiert, dass es eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers sein könnte, im Straßenverkehrsrecht keine Vorschriften bezüglich des von einem Fahrzeugführer zu tragenden Schuhwerks zu treffen, im Gegensatz zu den Regelungen im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung.

Die Konsequenz aus dem Urteil ist also die bereits eingangs geschilderte Sichtweise, dass das barfuß Fahren bzw. das fahren ohne geeignetes Schuhwerk auch für Lkw-Fahrer nicht verboten ist.

ABER: Unfallverhütungsvorschrift der Berufsgenossenschaften gültig für Lkw-Fahrer

Es exisitert die (bereits im o.g. Urteil angeführte) Berufsgenossenschaftliche Vorschrift für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, genauer DGUV Vorschrift 70 – Fahrzeuge (s. PDF anbei). Die von den deutschen Berufsgenossenschaften erlassenen Unfallverhütungsvorschriften gelten für alle Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland.

In §44 Abs. 2 dieser Unfallverhütungsvorschrift für Berufskraftfahrer heißt es sehr deutlich:

Der Fahrzeugführer muss zum sicheren Führen des Fahrzeuges den Fuß umschließendes Schuhwerk tragen.

Und wie man dieser Quelle entnehmen kann, wurde diese Vorschrift einem Lkw-Fahrer (2010), der barfuß fuhr und durch die Polizei kontrolliert wurde, zum Verhängnis, denn es wurde ein Bußgeld verhangen und eine Anzeige an die Berufsgenossenschaft gegeben.

An dieser Stelle und vor dem Hintergrund dieser ambivalenten Sachlage möchten wir nochmals Quelle 1 von oben bzw. (indirekt) das Amtgsgericht L. zitieren:

Dem Amtsgericht ist beizupflichten, dass es mit den Pflichten eines sorgfältigen Kraftfahrzeugführers unabhängig von der Frage der Bußgeldbewehrung unvereinbar ist, ein Kraftfahrzeug ohne oder mit hierfür ungeeignetem Schuhwerk zu führen.

Das gilt für Pkw- und Lkw-Fahrer gleichermaßen und das heißt zusammen mit dem eben angeführten Fall, dass man insbesondere als Lkw-Fahrer auf keinen Fall barfuß fahren sollte und sogar verpflichtet ist, festes den Fuß umschließendes Schuwerk während der Lkw-Fahrt zu tragen. Und das schließt auch Flip Flops oder allzu lose Sandalen (ohne umschlossene Fersen) als adäquates Schuhwerk hinsichtlich der Steuerung eines Fahrzeugs eindeutig aus.

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Ursprünglicher Text der Meldung:

Das Oberlandesgericht Bamberg hat in einem Urteil entschieden, dass ein Bußgeldbescheid für das Lkw-Fahren ohne Schuhe nicht rechtens ist

Weil dem so ist, erklärte jetzt das Oberlandesgericht Bamberg (Az. 2 Ss OWi 577/06) einen Bußgeldbescheid von 50 Euro für Unrecht. Im vorliegenden Fall war ein Lkw-Fahrer nur in leichten Schuhen unterwegs und wurde von einer Polizeistreife erwischt.

„Da wesentliche Fahrzeugfunktionen über Pedale mit Fußkontakt gesteuert werden, kann das Fahren ohne Schuhe wegen dadurch bedingter Fehlbedienung oder gar des Abrutschens von den Pedalen mit erheblichen Risiken verbunden sein", erklärt Rechtsanwältin Tanja Leopold (anwaltshotline.de).

Wird dadurch jemand geschädigt, gefährdet oder auch nur belästigt, kann der leichtfüßige Fahrer über die zivilrechtliche Haftung hinaus auch strafrechtlich oder per Bußgeld zur Verantwortung gezogen werden. (tpi)

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