Lkw-Kartell: BGL empfiehlt Mitgliedern Abtretungsmodell

Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) hat in Frankfurt am Main vor Pressevertretern sein sogenanntes Abtretungsmodell vorgestellt, das mittelständischen Transportunternehmen mit kleineren Fuhrparks ermöglichen soll, Schadenersatzansprüche gegenüber dem europäischen Lkw-Kartell durchzusetzen.
Stellten das BGL-Abtretungsmodell vor (v.l.n.r.): Gutachter Prof. Dr. Roman Inderst, BGL-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Dirk Engelhardt, Dr. Alex Petrasincu von der Kanzlei Hausfeld Rechtsanwälte LLP und Dr. Guido Belger, Leiter der Rechtsabteilung des BGL. Foto: Torsten Buchholz
Stellten das BGL-Abtretungsmodell vor (v.l.n.r.): Gutachter Prof. Dr. Roman Inderst, BGL-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Dirk Engelhardt, Dr. Alex Petrasincu von der Kanzlei Hausfeld Rechtsanwälte LLP und Dr. Guido Belger, Leiter der Rechtsabteilung des BGL. Foto: Torsten Buchholz
Torsten Buchholz

Der BGL hat dazu eine Vereinbarung mit dem Rechtsdienstleister financialright claims unter Beteiligung der Kanzlei Hausfeld Rechtsanwälte LLP und des Prozessfinanzierers Burford Capital die Voraussetzung geschaffen. Bei dem vom BGL angebotenen Abtretungsmodell überträgt der vom Kartell betroffene Lkw-Käufer seine Rechte an einen Rechtsdienstleister. Auf die am BGL-Abtretungsmodell teilnehmenden Transportunternehmen und Speditionen kommen weder Teilnahmegebühren noch Prozesskostenrisiken zu. Dafür verzichtet der Lkw-Käufer bei erfolgreicher Klage auf 28 Prozent des Schadenersatzanspruchs, BLG-Nichtmitglieder müssen für das erfolgreiche Verfahren 33 Prozent berappen.

Von 1997 bis 2011 hatten die Lkw-Hersteller Daimler, Volvo/Renault, MAN, Iveco und DAF nach den Feststellungen der EU-Kommission ein Kartell gebildet, bei dem es offenbar zu Absprachen bei Preisen sowie bei der Einführung der Euro-Abgasnormen III bis VI gekommen ist. Die Ermittlungen gegen Scania sind noch nicht abgeschlossen. Der schwedische Truck-Bauer bestreitet allerdings eine Beteiligung am Lkw-Kartell. Geschädigt sind alle Käufer und Leasingnehmer, die zu hohe Preise für Lkw ab sechs Tonnen bezahlt haben.

„Wir begrüßen es außerordentlich, dass wir mit dem Rechtsdienstleister financialright claims, der Kanzlei Hausfeld Rechtsanwälte LLP und dem Prozessfinanzierer Burford Capital Partner gefunden haben, die es unseren angeschlossenen Mitgliedsunternehmen ermöglichen, ihre Ansprüche in einer starken Gemeinschaft vertreten zu lassen“ sagte BGL-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Dirk Engelhardt in Frankfurt.

Wie Dr. Alex Petrasincu von der Kanzlei Hausfeld Rechtsanwälte LLP in Frankfurt erklärte, gibt es in Deutschland nicht wie in den USA die Möglichkeiten über eine Sammelklage Schadenersatzansprüche gegenüber dem Lkw-Kartell geltend zu machen. Angesichts der mit der Klage verbundenen Verfahrens-, Anwalts- und Gutachterkosten und weiteren Kostenrisiken sei eine Einzelklage beziehungsweise die Klage über eine sogenannte Streitgenossenschaft nur ratsam, wenn im Kartellzeitraum mindestens rund 2.000 Fahrzeuge bezogen worden sind.

Für kleinere Fuhrparks biete sich deshalb nur das Abtretungsmodell als sinnvolle Alternative an. „Für die genaue Schadensbezifferung ist die Analyse eines erfahrenen und renommierten Wettbewerbsökonomen unumgänglich. Da wir mit Herrn Professor Inderst eine der Koryphäen dieses Faches haben gewinnen können, sehen wir sehr gute Chancen für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen“, so Petrasincu.

Laut Gutachter Prof. Dr. Roman Inderst stellt eine belastbare Schadensschätzung angesichts der Komplexität des Marktes und der langen Dauer des Kartells eine besondere Herausforderung dar. Derzeit haben sich über die Initiative des BGL in Deutschland laut Angaben des Verbandes bereits deutlich über 1.000 Unternehmen mit mehr 40.000 Fahrzeugen für das Verfahren angemeldet. Anmeldeschluss soll Ende September 2017 sein.

Da die Analyse der angemeldeten Fahrzeuge noch nicht abgeschlossen ist, wollte sich Gutachter Inderst noch nicht über die mögliche Höhe des Schadenersatzanspruchs äußern. Laut Rechtsanwalt Petrasincu sei nach einem „sehr konservativen Ansatz“ mit rund zehn Prozent der Leasingraten beziehungsweise des Kaufpreises für die Fahrzeuge zu rechnen.

Für den Transportunternehmer Hubertus Kobernuß erscheint das BGL-Abtretungsmodell als „sehr erfolgsversprechend“. Er gemahnte beim Thema Lkw-Kartell gleichzeitig zu Sachlichkeit. Die Transportbranche habe traditionell ein gutes Verhältnis zu den Lkw-Herstellern. Nun müsse am ganz neutral einen berechtigten Rechtsanspruch einfordern: Kobernuß: „Wenn dann mein Bundesverband mir die Möglichkeit bietet, kostenlos um mein Recht zu kämpfen, wäre ich doch schön blöd, mir diese Chance entgehen zu lassen.“

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