Aktuelles Urteil: Besondere Betriebsgefahr eines Lkw

Das Landgericht Rottweil hatte einen Fall zu verhandeln, bei dem es auf der Autobahn zur Kollision zwischen einem Lkw und einem Pkw gekommen war. Die Lkw-Fahrerin wechselte plötzlich vom rechten auf den linken Fahrstreifen. Der von hinten kommender Pkw, der die Richtgeschwindigkeit von 130 Stundenkilometern um 20 Prozent überschritt, konnte nicht rechtzeitig bremsen und fuhr von hinten auf.

Das Amtsgericht kam zu dem Schluss, dass die Lkw-Fahrerin die alleinige Schuld am Unfall trage und daher auch die volle Haftung übernehmen müsse. Es gelangte zu der Auffassung, dass die Lkw-Fahrerin die besonderen Sorgfaltspflichten beim Ausscheren (§ 5 Abs. 4 Satz 1 StVO) ebenso wenig ausreichend beachtet habe, wie die gesteigerte Sorgfaltspflicht beim Fahrstreifenwechsel (§ 7 Abs. 5 StVO) und die Erfordernis einer wesentlich höheren Geschwindigkeit beim Überholen (§ 5 Abs. 2 Satz 2 StVO). Der Pkw hingegen habe die Richtgeschwindigkeit um maximal 20 Prozent überschritten. In der Regel hätte er wegen der damit verbundenen erhöhten Betriebsgefahr eine entsprechende Mitschuld zu tragen Die ließ das LG Rottweil allerdings gänzlich hinter der Betriebsgefahr des Lkw zurücktreten, die es als deutlich höher einschätzte.

Für den Fahrer des Pkw, so das Urteil, sein der Unfall unvermeidbar gewesen. Unter Berücksichtigung der erhöhten Betriebsgefahr des Lkw gegenüber dem Pkw sei eine Alleinhaftung des Klägers daher angemessen (LG Rottweil, Urteil vom 19.08.2016 - 1 S 57/16).