Studie: Nutzfahrzeugindustrie bleibt im Aufwind

Rosige Zeiten prognostiziert eine Studie von McKinsey & Company der globalen Nutzfahrzeugindustrie: die Umsätze wachsen, der Gewinn steigt und das Geschäft mit den kleineren Lieferfahrzeugen boomt.
Autonomes Fahren als Zukunftsmodell: Hier Platoon aus drei Lkw auf der Autobahn. (Foto: Daimler AG)
Autonomes Fahren als Zukunftsmodell: Hier Platoon aus drei Lkw auf der Autobahn. (Foto: Daimler AG)
Christine Harttmann

Kurz vor der Eröffnung der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover verheißt die Studie „Delivering change“ viel Positives für die Zukunft des Branche. Weltweit mehr als 3.000 Endkunden in Deutschland, USA und China sowie 250 Entscheider aus der Lastwagen- und Logistikindustrie befragte die Unternehmensberatung McKinsey & Company. Das Resultat: Der Weltmarkt für Lkw über sechs Tonnen wird bis 2025 um knapp die Hälfte auf bis zu 240 Milliarden pro Jahr steigen. Zuletzt waren es 150 Milliarden Euro. Zugleich legt der Gesamtgewinn der Branche von neun Milliarden auf rund 15 Milliarden Euro zu. Die Umsätze im Van-Segment werden bis 2025 von zuletzt 130 Milliarden auf bis zu 200 Milliarden Euro wachsen.

Woher der Profit kommt

Der Profit der Nutzfahrzeugindustrie entstammt jedoch nicht gestiegenen Verkaufszahlen, sondern neuen Technologien wie dem autonomen Fahren. Andreas Tschiesner, Leiter der europäischen Automobilberatung von McKinsey und Koautor der Studie, erklärt diesen Boom mit veränderten Konzepten in den Unternehmen: „Neue Technologien bieten den Lkw-Herstellern die Chance, sich über das Fahrzeug hinaus mit neuen Geschäftsmodellen zu differenzieren. Gleichzeitig bekommen sie zunehmend Konkurrenz durch Unternehmen aus der Digitalwirtschaft.“

Als einen wichtigsten Branchentrend identifiziert die Studie das autonome Fahren. Jedes dritte verkaufte Nutzfahrzeug in Europa werde 2025 in bestimmten Fahrsituationen – beispielsweis auf der Autobahn – vollautonom fahren können. „Damit verändern sich Stück für Stück die Spielregeln der Branche“, kommentiert dies Automotive-Experte Matthias Kässer, ebenfalls Koautor der Studie. Heute verursache der Fahrer beim Betrieb schwerer Nutzfahrzeuge rund 30 bis 40 Prozent der Gesamtkosten, bei leichteren Lieferfahrzeugen rund 60 Prozent. Durch selbstfahrende Lieferfahrzeuge könnten diese Gesamtkosten um bis zu 50 Prozent sinken, bei gleichzeitig geringeren Standzeiten und einer höheren Auslastung.

Den Verbraucher freut's

Weltweit und auf lange Sicht will die Unternehmensberatung einen wirtschaftlichen Mehrwert in der Logistik von bis zu 100 Milliarden Euro pro Jahr ausgemacht haben. Wer allerdings davon letzten Endes profitiert, das kann Kässer noch nicht sagen: „Ob dieser Mehrwert den Herstellern, Logistikdienstleistern oder den Kunden durch niedrigere Lieferkosten zu Gute kommt, ist noch nicht entschieden.“ Der Verbraucher jedenfalls, auch das ein Ergebnis der Studie, begrüßt es, wenn selbstfahrende Lieferfahrzeuge die Lieferkosten senken.

Die Zukunft gehört den Daten

Zusätzlich zur Automatisierung werden laut der McKinsey-Studie noch andere Trends die Branche in den kommenden Jahren prägen. So wird die Vernetzung, die schon heute in Nutzfahrzeuge beispielsweise beim Überwachen von Position und Geschwindigkeit ein wichtige Rolle spielt, weiter zunehmen. In Zukunft wird die Konnektivität sogar zum entscheidenden Kontrollpunkt, ist Kässer überzeugt: „Wer die Datenschnittstelle beherrscht, hat die Chance, neue Geschäftsmodelle zu etablieren.“ Für Truckhersteller könne das die ‚Capacity as a service‘ sein – also das flexible Bereitstellen von Transportkapazitäten und das direkte Management von Fahrzeugflotten. Schon heute sagen 49 Prozent der befragten Entscheider, dass dieses Geschäft für Fahrzeughersteller attraktiver werden könnte als der Verkauf von Fahrzeugen.

Außerdem werden der Studie zufolge alternative Liefertechnologien an Bedeutung gewinnen. Jeder fünfte der befragten Experte will in den nächsten Jahren in Drohnen, Lieferroboter oder Anderes investieren. „Viele Unternehmen experimentieren derzeit mit neuen Angeboten, um das Potenzial auszutesten“, sagt Kässer.

Veränderungen unterliegen aber auch die Ansprüche der Kunden. Längst haben sie sich hierzulande an schnelle und kostenlose Lieferungen im E-Commerce gewöhnt. Neue Angebote wie „Same day delivery“ oder sogar „instant delivery“ – Liefern sofort nach der Bestellung – setzen leistungsfähige und dynamische Logistikketten mit innerstädtischen Verteilzentren voraus.

Gegen Branchenfremde wappnen

Was die Elektor-Mobilität angeht erwarten laut der McKinsey-Studie knapp 70 Prozent der befragten Industrieentscheider, dass 2025 ein Drittel der leichten Nutzfahrzeuge elektrisch fahren wird. Und noch mehr – vier von fünf Befragten – gehen davon aus, dass Innenstädte nach 2030 für die altgedienten Diesel-Lieferfahrzeuge gesperrt sein werden. Tschiesner glaubt, dass sich dadurch auch Chancen für branchenfremde Angreifer ergeben. Lkw-Herstellern und Logistikdienstleistern empfiehlt er , ihre Geschäftsmodelle entsprechend anzupassen. Für mehr als die Hälfte der befragten Entscheider seien Kooperationen oder Fusionen entlang der Wertschöpfungskette eine mögliche Option.

Symboldbild Transportjobs

Mehr als 750 aktuelle Jobangebote aus der Transportbranche, vom Lkw-Fahrer über Fuhrparkmanager bis zu Disposition, Teamleitung und vieles mehr mit individueller Suchfunktion und Kartenansicht bieten wir Ihnen ab sofort in unserem Job-Bereich: Ihr nächster Schritt auf der Karriereleiter?

Alle Transport-Jobs anzeigen »